Dass es viele Einsatzmöglichkeiten von Augmented Reality (AR) und Virtual Reality (VR) in der Industrie gibt, steht außer Frage. Beide können beispielsweise in verschiedenen Teilbereichen, wie der Konstruktion, der Fertigung und der Montage, im Betrieb oder auch im Service und sogar in der Schulung eingesetzt werden. Untersuchungen zeigen, dass gerade für Schritt-für-Schritt Anleitungen in der Montage gerne AR verwendet wird.
Doch wie sieht so eine Schritt-für-Schritt Anleitung in der Montage aus?
Eine Schritt-für-Schritt Anleitung mittels Augmented Reality meint nicht anderes, als dass die reale Welt mit virtuellen Inhalten überlagert wird.
Das Ganze muss man sich so vorstellen: Dem Montagemitarbeiter werden abhängig von seiner Position und Orientierung im Raum die einzelnen Montagephasen und -schritte mit den dazugehörigen wichtigen Informationen (z.B. Verbauort, Werkzeuge, Werkzeugeinstellungen etc.) auf einem Endgerät präsentiert. Diese Informationen werden von dem Mitarbeiter aufnehmen und er kann entsprechend reagieren.
Es gibt verschiedene Endgeräte (z.B. Handy, Tablet oder VR-Brillen) die dazu eingesetzt werden können. Die VR-Brille stellt durch ihre innovative Technik eine wichtige Zukunftsvision dar, im realen Alltag von Unternehmen wird jedoch am häufigsten das Tablet eingesetzt. Das liegt daran, dass Tablets zum einen günstiger sind und zum anderen, dass ihre Funktionalitäten durch den täglichen Gebrauch von Smartphones bekannt ist, sodass die Montagemitarbeiter besser mit Tablets umgehe können.
Doch was bringt die Schritt-für-Schritt Anleitung in der Montage?
Untersuchungen haben gezeigt, dass die Potentiale von AR im Vergleich zur herkömmlichen Papieranleitung v.a. in einer Reduktion der Montagezeit und der Fehlerquote sowie einer erhöhten Flexibilität liegen. Auf der anderen Seite zeigt sich, dass insbesondere die Kosten der Anschaffung von Hard- und Software sowie Lizenzkosten höher als bei der Papieranleitung sind. Auch die Gebrauchstauglichkeit wird z.T. bemängelt, da das Tragen einer VR Brille ungemütlich oder nach außen merkwürdig wirken kann.
Ich persönlich hatte großes Interesse daran herauszufinden, ob sich eine Investition in VR/AR für die Schritt-für-Schritt Anleitung in der Montage lohnt, sodass ich mich entschlossen habe aus dieser Frage eine Bachelorarbeit aufzubauen und eine Bewertung der Gesamtwirtschaftlichkeit durchzuführen. Dazu habe ich die Alternativen Papieranleitung, AR auf Tablet und AR auf Head Mounted Devices (VR-Brillen) miteinander verglichen. In so eine Rechnung fließen natürlich verschiedene monetäre Eigenschaften ein, wie z.B. Auszahlungen, die aus den verursachten Kosten resultieren, oder Einzahlungen, die durch eine reduzierte Montagezeit und Fehlerquoten eingehen. Aber auch qualitative Aspekte sind relevant, z.B. die Gebrauchstauglichkeit oder die Flexibilität, die sich durch die Investition ergeben.
Die Ergebnisse meiner Wirtschaftlichkeitsberechnung zeigten, dass eine AR Hardware im Vergleich zu Papier durch hohe einmalige Investitionskosten eine höhere Amortisationsdauer – also Dauer, bis sich die Investition zurückzahlt – aufweist, die Einzahlungen jedoch nach 14 Monaten bei den Tablets und nach 16 Monaten bei den Head Mounted Devices enorm höher als bei Papier sind, u.a. durch die Einsparungen in der Montagezeit und die reduzierte Fehlerquote. Auch im qualitativen Vergleich zeigte sich die AR Investition dem Papier gegenüber überlegen, z.B. durch eine gesteigerten Flexibilität (mit einer Brille auf dem Kopf hat man beispielsweise natürlich beide Hände frei).
Fazit: Sollte man in eine Schritt-für-Schrittanleitung in der Montage investieren?
Grundsätzlich hängt die Antwort auf diese Frage natürlich von verschiedenen Faktoren ab. Zum einen sollte ein Use Case, also ein Anwendungsfall, gefunden werden. In anderen Worten: Wo besteht der Bedarf einer Investition und warum? Für monotone und relativ simple Aufgaben lohnt sich die Investition vermutlich eher nicht, für komplexe Aufgaben, bei denen man unter Zeitdruck arbeitet, wahrscheinlich aber deutlich.
Zum anderen hängt die Antwort von der Unternehmensgröße ab. Für große Unternehmen lohnt sich die Investition bis dato mehr, weil man die Hardware und Software auf viele Mitarbeiter aufteilen und damit Skaleneffekte nutzen kann. Vor einer großen Entscheidung wie dieser empfehle ich daher jedem Unternehmen, seine eigene Wirtschaftlichkeitsrechnung durchzuführen, die für den Anwendungsfall und Unternehmendgröße passend auf das eigene Unternehmen zugeschnitten ist.